Der Aufhebungsvertrag - Gebot fairen Verhandelns

Veröffentlicht am 09.06.2023 von Dr. Ulrich Hörl - Kanzlei Dreher + Partner

BAG-Urteil vom 24. Februar 2022 - 6 AZR 333/21

In dem entschiedenen Fall ging es um die Frage, ob der Arbeitnehmer einen abgeschlossenen Aufhebungsvertrag wegen widerrechtlicher Drohung anfechten kann, weil mit einer Strafanzeige gedroht wird.

Sachverhalt:

Am 22. November 2019 führte der Arbeitgeber zusammen mit seinem Anwalt ein Gespräch mit der Arbeitnehmerin. Dieser wurde der Vorwurf gemacht, sie habe unberechtigt Einkaufspreise in der EDV abgeändert bzw. reduziert, um so einen höheren Verkaufsgewinn vorzuspiegeln. Der Klägerin wurde mitgeteilt, dass dann, wenn sie den Aufhebungsvertrag nicht unterzeichne, der Arbeitgeber eine Strafanzeige erstatten und das Arbeitsverhältnis außerordentlich (fristlos) kündigen werde. Die Klägerin bat um eine längere Bedenkzeit und darum, dass sie vor Unterzeichnung des Aufhebungsvertrages Rechtsrat einholen dürfe. Diese Bitte wurde ihr verwehrt.

Die Klägerin focht den Aufhebungsvertrag wegen arglistiger Täuschung an und berief sich darauf, dass die Arbeitgeberin gegen das Gebot fairen Verhandelns verstoßen habe. Die Drohung mit einer Strafanzeige und einer außerordentlichen Kündigung sei widerrechtlich gewesen.

Entscheidung des Bundesarbeitsgerichtes

Das Bundesarbeitsgericht hat die Revision der Klägerin zurückgewiesen und den Aufhebungsvertrag für gerechtfertigt erachtet. Es hat erklärt, dass ein verständiger Arbeitgeber im vorliegenden Fall sowohl die Erklärung einer außerordentlichen Kündigung als auch die Erstattung einer Strafanzeige ernsthaft in Erwägung ziehen durfte. Weiter hat das Bundesarbeitsgericht ausgeführt, dass die Arbeitgeberin nicht unfair verhandelt habe und damit nicht gegen ihre Pflichten aus § 311 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 241 Abs. 2 BGB verstoßen habe. Die Entscheidungsfreiheit der Klägerin sei insbesondere dadurch nicht verletzt worden, dass die Arbeitgeberin zum Abschluss des Aufhebungsvertrages nur unter der Bedingung bereit war, dass die Klägerin diesen auch sofort unterschreibt und sich damit ohne Einholung weiteren Rechtsrats entscheiden müsse.

Praxistipp:

Sollte ein Arbeitnehmer einen Aufhebungsvertrag anfechten, oder eine Kündigung mangels Vorlage einer zur Kündigung berechtigenden Originalvollmacht zurückweisen oder in anderer Art und Weise Einwendungen erheben, die auf den Bestand des Arbeitsverhältnisses Einfluss haben, ist dringend anzuraten, die gerügte Handlung zu wiederholen, im vorliegenden Fall also, das Arbeitsverhältnis vorsorglich zu kündigen. Hätte das Bundesarbeitsgericht im Februar 2022 entschieden, dass der Arbeitgeber unfair verhandelt hat, hätte dieser die gesamten Vergütungen nachbezahlen müssen. Durch eine vorsorgliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses nach Unterzeichnung/Anfechtung des Aufhebungsvertrages kann dieses Risiko minimiert werden.

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